Treffen mit Basisgewerkschaften

Athen, 22.09.2015

Zuerst erläuterte Nicos (Gewerkschaft Buch und Papier) uns, wie die Gewerkschaften in Griechenland organisiert sind.

Treffen mit Basisgewerkschaften. Foto: Giovanni Lo Curto

Treffen mit Basisgewerkschaften.
Foto: Giovanni Lo Curto

Es gibt 3 Ebenen der Organisation:

  • Basisgewerkschaften in den Betrieben
  • Branchengewerkschaften in jeder Stadt (Zusammenschlüsse aus Betrieben/Branchen/Regionen)
  • Dachverbände:
    • GSEE für Beschäftigte in Privatunternehmen
    • ADEY für Beschäftigte in staatlichen Unternehmen

Vor der Krise war der gewerkschaftliche Organisierungsgrad schon eher niedrig, in der privaten Wirtschaft bei ca. 10-12 %, bei den Staatsangestellten waren ca. 30% gewerkschaftlich organisiert.

In der Krise geriet auch die Gewerkschaftsbewegung in eine Krise. Viele Gewerkschafter in der Privatwirtschaft wurden arbeitslos, das Tarifrecht wurde ausgehebelt. Dadurch wurde es schwieriger, Leute vom Sinn gewerkschaftlicher Arbeit zu überzeugen. Der Mindestlohn ist staatlich festgelegt und beträgt zurzeit 586 EUR brutto/Monat. Tarifverträge gibt es nicht mehr, das Tarifvertragsrecht wurde von der TROIKA außer Kraft gesetzt.

In Griechenland gibt es zurzeit 1,2 bis 1,3 Mill. Arbeitslose. Auch dadurch haben die Gewerkschaften an Bedeutung verloren.

Die großen Verbände haben sich mehr um die eigenen Funktionäre gekümmert als um Arbeitskämpfe. So haben z. B. die Energieverbände die Memoranden unterstützt. Die Gewerkschaften sind nach Parteinähe organisiert.

1. Basisgewerkschaft Buch und Papier:

Nikis und Nikiforos berichteten über ihre Situation und über die Arbeitskämpfe, die sie führen.

Die Entwicklung im Buchhandel geht dahin, dass die Buchhändler_innen nicht mehr nur Bücher im Sortiment haben, sondern auch elektronische Geräte, wie z. B. Tablets. Die Gewerkschaft Buch und Papier hat daraufhin ihr Statut geändert, so dass auch nicht nur Buchhändler_innen, sondern auch Verkäufer_innen von elektronischen Geräten Mitglied werden können. Nur ein kleiner Teil der in Buchhandlungen Arbeitenden ist gewerkschaftlich organisiert. Viele Buchläden mussten wegen der Auswirkungen der ökonomischen Krise schließen. Die Angestellten wurden daraufhin meistens arbeitslos. In der Gewerkschaft können sich auch Arbeitslose organisieren, d.h., sie können Mitglied bleiben, wenn sie ihren Job verlieren.

Die Gewerkschaft hat ca. 500 Mitglieder. An der Vollversammlung, die letzte Woche stattfand, haben sich 130 Leute beteiligt. Es gibt einen Kern von 20-30 Aktiven.

Der größte Erfolg der Gewerkschaft war ein branchenweiter Tarifvertrag gewesen. Als dieser in der Krise außer Kraft gesetzt wurde, war das ein schwerer Schlag für die Gewerkschaft.

Sie kämpfen heute für bessere Arbeitsbedingungen und haben es erfolgreich durchgesetzt, dass Leute, die entlassen wurden, wieder eingestellt werden mussten. Solche Erfolge stärken die Moral, erhöhen die Anziehungskraft der Gewerkschaft. Sie kämpfen gegen die Einführung der Sonntagsarbeit, der Arbeit an allen sieben Tagen der Woche. Die Gewerkschaft ruft regelmäßig dazu auf, sonntags zu streiken. Sie stellen sich dann mit Flyern vor die Geschäfte und haben so gerade erst in der Haupteinkaufsstraße von Athen 40 Geschäfte blockiert. Die Angestellten in den Geschäften haben sich allerdings zum größten Teil dem Streik nicht angeschlossen.

Treffen mit Basisgewerkschaften. Foto: Giovanni Lo Curto

Treffen mit Basisgewerkschaften.
Foto: Giovanni Lo Curto

Sie lehnen jede Art von Stellvertretung ab, wollen nicht für andere kämpfen, sondern kämpfen mit anderen zusammen für ihre Rechte. Die Zusammenarbeit mit anderen Gewerkschaften ist für sie wichtig, ebenso wie die Zusammenarbeit mit Stadtteilinitiativen sowie mit Partnern in Arbeitervereinen. Sie führen gemeinsame Kämpfe mit Flüchtlingen, Antirepressionsbewegungen, Drogeninitiativen, Zapatisten.

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Und sie kämpfen gegen die Kriminalisierung und Verfolgung von Gewerkschaftern. Nikos ist Vorsitzender der Gewerkschaft. Er wurde im Losverfahren dazu bestimmt. Er fing an, im Buchhandel zu arbeiten, als es noch Tarifverträge gab. Als der Betrieb, in dem er arbeitete, schließen musste, standen alle Angestellten auf der Straße. Er ist jetzt in einer Buchhandelskette beschäftigt, die Schreibwaren, Bücher und Elektroartikel verkauft. Sie hat ca. 1.300 Angestellte.

Der Mindestlohn betrug bis zur Krise 850 Euro brutto. Er wurde auf 580 Euro abgesenkt, unter 25Jährige „dürfen“ noch weniger verdienen.
Die meisten seiner Kollegen haben Individualverträge unterschrieben und Syriza gewählt.

Die Arbeitsverträge enthalten meistens Klauseln, wonach gewerkschaftliche Betätigung verboten ist; d. h., man muss unterschreiben, kein Gewerkschaftsmitglied zu sein. Das ist zwar rechtlich nicht zulässig, aber viele lassen sich dadurch einschüchtern und es erschwert die gewerkschaftliche Organisierung.

Der Gewerkschaftsbeitrag beträgt 15 Euro im Jahr.

Viele seiner Kolleg_innen haben einen Uni-Abschluss und sind in diversen Bewegungen aktiv, haben allerdings keine Erfahrung mit gewerkschaftlicher Organisation. Sie haben in der Regel 4-Std.-Verträge mit flexiblen Arbeitszeiten und werden oft mit Coupons bezahlt: Das ist eine Art von Lohnzuschuss. Sie erhalten die Coupons vom Staat, der Arbeitgeber muss weniger Lohn zahlen, spart also Lohnkosten.

Die TROIKA hat das Tarifrecht ausgehebelt, der Mindestlohn wurde als Gesetz verabschiedet. Für die Leute, die in den Ketten arbeiten, herrschen Arbeitsbedingungen wie auf einer Galeere.

Die Waffe der Gewerkschaften ist der Streik; es geht darum, Widerstandszentren zu bilden.

2. Gewerkschaft der Servicekräfte und Köche etc. (Gastgewerbe)

Treffen mit Basisgewerkschaften. Foto: Giovanni Lo Curto

Treffen mit Basisgewerkschaften.
Foto: Giovanni Lo Curto

Babis und Kiriakos erzählen:
Es geht zu wie in einem Schlachthaus. Es gibt viel „Schwarzarbeit“, also Beschäftigung ohne Sozialversicherung, ohne Steuern, Geld bar auf die Hand (oder gar nicht). Viele Arbeitgeber haben Kontakt zur griechischen Mafia und terrorisieren ihre Angestellten. Migranten sind oft illegal beschäftigt, z. B. als Tellerwäscher, zu Minilöhnen, arbeiten in der Saison sieben Tage die Woche 15 Std. am Tag.

Oft sind es junge Leute, die sich etwas dazuverdienen wollen oder ihren Job als vorübergehend betrachten, bis sie etwas Besseres gefunden haben. Daher akzeptieren sie diese miesen Arbeitsbedingungen. Der Lohn beträgt 3-5 Euro pro Stunde und es handelt sich in der Regel um Schwarzarbeit. Einen normalen Arbeitsvertrag mit Zuschlägen für Nacht und Sonntagsarbeit hat in dieser Branche fast niemand.

Die gewerkschaftlich Organisierten sind in der Regel zwischen 20 und 35 Jahre alt. Die Basisgewerkschaft ist klassenbewusst und basisorientiert, ohne Fraktionen und Parteien. Es gibt einen rein formalen Vorstand, da dieser gesetzlich vorgeschrieben ist. Der aktuelle Vorstand wurde per Losverfahren bestimmt. Jeden Mittwoch findet eine Gewerkschafterversammlung statt, auf der über Strategie und Taktik diskutiert und von der Situation in den jeweiligen Betrieben berichtet wird. Dann wird entschieden, wo sie aktiv werden müssen. Meistens geht es um ausstehende Löhne; viele Interventionen sind erfolgreich; es wurden Löhne von 1.000 bis zu 10.000 Euro eingetrieben. Gründe für Interventionen sind auch sexuelle Übergriffe von Chefs auf ihre weiblichen Angestellten, die ziemlich häufig vorkommen. Dabei kann es durchaus auch mal passieren, dass die Chefs durch Aktionen der Gewerkschafter ziemlich eingeschüchtert werden.

Sie arbeiten mit der Gewerkschaft der Angestellten im Lieferservice zusammen, die sich sehr gut zur Wehr setzen können und im Gegenzug von Kriminalisierung bedroht sind: Die Gewerkschaft wurde angeklagt, eine „kriminelle Vereinigung“ zu bilden. Gerade in Nachtclubs ist die Drohung mit körperlicher Gewalt alltäglich.

Die Gewerkschaften sind in einer Verteidigungssituation, sie führen Abwehrkämpfe. Es gibt aber auch Diskussionen darüber, wie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erreicht werden kann und ob ein offeneres Auftreten günstig ist. In der Branche gibt es sehr viel Saisonarbeit mit extrem flexiblen Arbeitsbedingungen.

Die Gewerkschaft beteiligt sich zusammen mit der Gewerkschaft der Angestellten im Lieferservice und einer AG von Journalisten an einem Projekt, das ein gemeinsames Bündnis zum Ziel hat. Sie bereiten gerade den Gründungskongress vor.

Viele Gruppen sind eher atypische Gewerkschaftsgliederungen, weil sie die formellen Voraussetzungen für eine Gewerkschaft nicht erfüllen. Diese verfolgen momentan den Gründungsprozess.

In der Praxis arbeiten sie mit Stadtteilzentren und anderen Gruppen zusammen, denn viele sind nicht in einer Gewerkschaft, sondern in ihren Vierteln organisiert. Viele in der Gewerkschaft sind arbeitslos. Viele Beschäftigte in Griechenland arbeiten mal hier und mal dort und sind daher schwer zu organisieren. Wenn die alle auf die Straße gingen …

Die Gewerkschaft hat in Athen 400 eingetragene Mitglieder, in Ioannina ist eine Gewerkschaftsgruppe im Aufbau, in Thessaloniki und auf Kreta gibt es bereits Gruppen. In Athen sind 30-40 Leute aktiv. Der Gewerkschaftsbeitrag beträgt 5 Euro im Monat, wird aber oft nicht bezahlt, weil die Mitglieder das Geld dafür nicht haben.

Es gibt eine Solikasse für Gerichtskosten.

Bei Aktionen wird nicht nur eine Soliszene mobilisiert, sondern auf gemeinsamen Versammlungen werden Entscheidungen über künftige Aktionen getroffen.

Terror der Arbeitgeber:
Es gab einen Fall, in dem ein Chef eine Waffe gezogen und in die Luft geschossen hat. Aber der Schuss ging buchstäblich nach hinten los, weil es die Betroffenen in ihrer Gegenwehr bestärkt und die Solidarität unter den Kolleg_innen gefördert hat.

Bei einer Streikaktion der Gewerkschaft Buch und Papier hat der Chef die Polizei gerufen, die einige von den Angestellten festgenommen hat. Deren Gerichtsprozess beginnt demnächst.

Die Polizei kann bei solchen Aktionen nicht von sich aus einschreiten, sondern nur, wenn der Ladeninhaber die Polizei ruft.

Diskussion:
Ulrike wird durch die Beispiele, über die berichtet wurde, an die Geschichte der Arbeiterbewegung in Deutschland im 19. Jahrhundert erinnert. Die Beispiele zeigen immer wieder den Grund dafür auf, warum man sich organisieren muss. Die Situation in Griechenland lässt erahnen, in welche Richtung sich Europa entwickelt und wie wir es nicht haben wollen. Wir werden über Griechenland berichten und die Notwendigkeit betonen, die Vormachtstellung Deutschlands zu brechen, die solche Verhältnisse hervorruft. Unsere Aufgabe ist es, die Zusammenhänge deutlich zu machen zwischen den Verhältnissen in Deutschland und in Griechenland.

Ulrike E., Treffen mit Basisgewerkschaften. Foto: Giovanni Lo Curto

Ulrike E., Treffen mit Basisgewerkschaften.
Foto: Giovanni Lo Curto

Interessiert sich die Kundschaft für die Zustände, für die Arbeitsbedingungen in den Läden?

Nach den Aktionen kommt es vor, dass danach der Laden leer ist. Manchmal gehen alle, ohne zu bezahlen, aber viele haben auch schon resigniert (was sollen wir machen? Ist doch überall so…). Bei Streikaktionen der Gewerkschaft Buch und Papier werden vor dem Laden viele Diskussionen geführt, die dazu führen, dass die Leute dann dort nicht einkaufen.

Martin fragt nach der Konkurrenz zwischen den vielen einzelnen Gewerkschaften, wie sie damit umgehen. Teilweise gibt es gewerkschaftliche, aber auch politische Gründe dafür. Es gibt z. B. eine Berufsgewerkschaft der Buchhalter, die alle Buchhalter organisieren möchte, gleich, in welchem Bereich diese arbeiten. Die Aufsplitterung in viele Einzelgewerkschaften fördert das „Zunftdenken“.

Mittlerweile gibt es eine zweite Generation der Migranten aus Albanien, die sich in der Gewerkschaft organisiert. Die Leute orientieren sich in der Krise eher links. Rassistische und islamophobe Sprüche sind eher selten zu hören.

Die Mitglieder der „Goldenen Morgenröte“ outen sich nicht als solche.

Es gibt in Griechenland eine heftige Diskussion über die imperialistische Politik Deutschlands. „Wenn ich morgens aufwache, gibt es einen Menschen, den ich mehr hasse als alle anderen, und das ist mein Boss. Und der heißt ausgerechnet Germanos!“ (ein griechischer Nachname, der übersetzt „der Deutsche“ bedeutet).

14 griechische Flughäfen sind an ein deutsches Staatsunternehmen (Fraport) verkauft worden. Auch die Telekommunikation und die Energieunternehmen werden von deutschen Unternehmen aufgekauft. Griechisches Staatseigentum wird von deutschen Staatsunternehmen geplündert. Und deutsche Unternehmen wie z.B. Aldi und Lidl sind Vorreiter für den Abbau von Arbeiterrechten.

Doch „Arschlöcher“, Ausbeuter, sind auch die kleinen (griechischen) Bosse. Sie haben beispielsweise beim Referendum mit „nein“ gestimmt, weil die deutschen Unternehmen die kleinen griechischen Unternehmen fertig machen – dabei haben griechische Unternehmen in verschiedenen Balkanstaaten eine ähnliche Rolle gespielt.

Man muss gegen den eigenen, griechischen Imperialismus angehen, aber das ist schwierig, wenn das in Deutschland nicht ebenfalls passiert.
Die deutschen Arbeiter_innen sind keine Gegner, ganz im Gegenteil: Wenn die deutschen Arbeiter_innen es schafften, einen 5-Stundentag durchzusetzen, dann wäre das auch gut für die griechischen Arbeiter_innen.

Manfred fragt, ob sich durch die Syriza-Regierung für sie etwas geändert hätte.

Es war eine Illusion, die Syriza verbreitet hat, dass sich durch eine Syriza-Regierung etwas ändern würde. Jede Partei, die an die Regierung kommt, dient den Kapitalinteressen. „Ob rechts oder links, die Bosse sind dieselben!“ Ihre einzige Hoffnung sind die Kämpfe, die sie selbst führen.

Ihr Besuch im Arbeitsministerium hat sie an die Zeiten unter der PASOK erinnert. Alle ihre Forderungen trafen auf breite Zustimmung – aber nichts davon wurde umgesetzt. Eine Gewerkschaft muss sich immer der Regierung gegenüber in Opposition sehen und die Interessen der Lohnabhängigen vertreten. Die Gewerkschaften in Deutschland vertreten die Interessen des deutschen Staates, mit dem sie eng verflochten sind …

Wir übergaben 300,-€ als Spende für ihre Aktionskasse.

(Brian)

Besuch bei den Basisgewerkschaften (aus einer zweiten Perspektive)

Treffen mit Basisgewerkschaften. Foto: Giovanni Lo Curto

Treffen mit Basisgewerkschaften.
Foto: Giovanni Lo Curto

Wir kommen gerade an, als ein junger Mann spricht. Er ist bei der Gewerkschaft, die fuer Hotels und Gaststaetten zustaendig ist. Wir sitzen dicht gedraengt im Buero der Basisgewerkschaften und hoeren zu.
Die Zustaende in diesem Arbeitsbereich sind katastrophal, Ulrike nennt sie
fruehkapitalistisch. Die Stundenloehne liegen zwischen 3-4 Euro, der gesetzliche Mindestlohn betraegt 3,30 Euro netto. Eigentlich sind gesetzliche Lohnzuzahlungen vorgesehen, die werden aber nicht gezahlt. Die Arbeitszeiten sind unregelmaessig, 15-Stunden-Tage sind haeufig. Die Nachtlokale sind entweder selbst im Besitz der Mafia oder haben mafioese Verbindungen.

Die kleine klassenbewusste Gewerkschaft hat 400 eingeschriebene Mitglieder in Athen. Davon sind 30 – 40 Leute aktiv. Sie zahlen einen Monatsbeitrag von 5 Euro.

Es gibt eine Solikasse fuer Gerichtskosten und Rechtsanwaelte. Jeden Mittwoch gibt es eine Versammlung. Dort wird berichtet, was in den Betrieben
los ist, wo man aktiv werden muss. Die Mittel des Kampfes sind auptsaechlich
unmittelbare Aktionen. Hier wird mir klar, was das ist, die „direkte Aktion“. In den Texten, die ich aus Deutschland kenne,kam mir dieses Wort wie ein mysterioeses Zauberwort vor.

Sehr haeufig werden die Loehne nicht gezahlt, es gibt riesige Ausstaende von 1000 bis 10.000 Euro pro Person. Die Gewerkschaft trommelt eine kleine Aktionsgruppe zusammen, die entweder – je nach Staerke – Flugblaetter mit Informationen ueber den Betrieb verteilt oder den Laden blockiert, um die Lohnaustaende einzufordern.

Sehr haeufig gibt es sexuelle Uebergriffe auf die jungen weiblichen Angestellten. Hier geht die Gewerkschaft auch Wege,die fuer uns eher ungewoehnlich sind, fuer manche unserer Gewerkschafter vielleicht undenkbar. Aber bei uns bekommt man nicht immer sein Recht, wenn man den gesetzlichen Weg geht. In meinem eigenen Mobbing-Fall haette ich mir so eine mutige Truppe gewuenscht, die mir glaubt und mir zur Seite steht.
Bisher hatte die Gewerkschaft eine Verteidigungsposition. Jetzt wird auch ueber eine Strategie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen diskutiert. Geplant ist auch ein Verbund mit drei anderen Gewerkschaften und eine bessere Zusammenarbeit mit der Stadtteilversammlung.

Aus unserer Gruppe wird gefragt, wie die Chefs auf die gewerkschaftlichen
Interventionen reagieren. Es kommt vor, dass sie die Polizei holen. In einem Fall hat der Boss sogar in die Luft geschossen.

Jemand von uns macht den Vorschlag, die Gewerkschaft koenne ein Blatt erstellen mit den „guten“ Restaurants. „Hier essen Sie gut und fair!“ Dann soll es auch eine andere Karte geben „Hier sollen Sie die Zeche prellen!“
Wie ist das Verhaeltnis der Baisgewerkschaften zu Syriza? Syriza haette die Illusion verbreitet, die Dinge koennten sich aendern. Aber Regierungen koennen keine Veraenderungen bringen. Die Bosse bleiben dieselben.

Ich denke an unser Lied: “ Die Befreiung der Arbeiter kann nur das Werk der Arbeiter sein…“

Nikos berichtet von einer Erfahrung, die ihre Haltung verstaendlich macht: Es gab ein Treffen mit dem Arbeitsministerium. Im Unterschied zu der Zeit vor der Syriza-Regierung konnten sie ganz einfach hineingehen ohne Polizeikontrollen. Im Ministerium sassen Leute von der Strasse. Sie sagten „ja“ zu den Forderungen der Basisgewerkschaften: Wiederherstellung des Tarifrechts, keine Sonntagsarbeit, Stopp der Entlassungen, ja, das wollten sie auch. Was ist aus dem Ja geworden? Mit der Unterschrift unter das 3. Memorandum wurde es zum Nein.

Treffen mit Basisgewerkschaften. Foto: Giovanni Lo Curto

Treffen mit Basisgewerkschaften.
Foto: Giovanni Lo Curto

Diese Jungs von den Baisgewerkschaften wirken gelassen, zuversichtlich und
entschlossen. Mit ihren Aktionen sind sie erfolgreich, sie koennen Leute
gewinnen.Wie sollten sie sich erschuettern lassen von einer schwankenden Syriza? Das Oxi ist da und wird sich wieder ausdruecken, so sagen sie. Ich glaube es.

(Angela)