Selbstorganisation und Widerstand in Griechenland: NETZWERKE DER SOLIDARITÄT

Die Verschuldungskrise wurde besonders Griechenland gegenüber genutzt,
um  ein neoliberales Politik- und Wirtschaftsmodel  durchzusetzen. Die
Memoranden haben dazu geführt Griechenland in eine gleichsam koloniale
Abhängigkeit zu bringen. Die katastrophalen Folgen für große Teile der
Bevölkerung sind bekannt.
Zahlreiche Basisinitiativen bilden ein großes Widerstandspotential in
diesem Land, meist mit einem einen antikapitalistischen Grundkonsens.
Genügend Gründe  sich mit deren Widerstand zu solidarisieren. Auch bei
uns gibt es viele Soli-Projekte die auf die eine oder andere Weise
Verbindungen nach Griechenland haben

Donnerstag den 18. Mai um 19 Uhr
„Biergarten Jockel“ Ratiborstraße 14c  10999 Berlin Kreuzberg

In dieser Veranstaltung im Rahmen der Reihe Selbstorganisation und
Widerstand wollen wir der Frage nachgehen, was ist das Gemeinsame und
was ist das Besondere der verschieden Solidaritätsnetzwerke die es  hie
immer noch gibt. Die Bandbreite dabei ist groß: von vorrangig
humanitären und auf materielle Unterstützung ausgerichteten Projekten
bis hin zu solchen deren Hauptanliegen grundlegende gesellschaftliche
Veränderungen in Europa und darüber hinaus sind.
Was ist das Gemeinsame in den vorgestellten Projekten und was das
Besondere und was wollen sie, was wollen wir damit erreichen.

Fahrt nach Skouries / Chalkidiki

Fahrt nach Skouries / Chalkidiki am Samstag den 26. September

Am nächsten Morgen war organisatorisch alles ganz schnell geklärt. Die Fahrer holten die Klein-Busse bei der Vermietung am Flughafen ab und beide Gruppen führen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Treffpunkt auf halber Strecke außerhalb der Stadt. Dadurch ersparten wir den Fahrern, sich durch meist dichten Verkehr in der Großstadt zu quälen.

Die ungleichen Gruppengrößen wurde durch den PKW von Anthi ausgeglichen, die mit nach Idomeni fuhr.
Wir hatten es sehr bequem zu fünft im Neunsitzer Bus. Am wolkenverhangenen Himmel konnten wir in der Ferne den kegelförmigen Olymp sehen. Die Götter hatten sich im Nebel verschanzt. R. meisterte die kurvenreiche Strecke souverän, auch als der Regen einsetzte, der immer beständiger und heftiger wurde.
In Anea, einem Ort ganz in der Nähe unseres Ziels, waren Transparente über der Straße gespannt. Wir konnten entziffern, dass „metalurgische Arbeitsplätze“ gefordert werden.

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Vio.Me

Thessaloniki, 25.09.2015

Am Morgen hat sich die Gruppe noch weiter aufgeteilt. Einige treffen sich mit dem Professor Athanasius Marvakis, um von ihm zu erfahren, wie sich die aktuelle Situation auf die Unipolitik auswirkt. Einige wollen die Community-Gärten von Perka besuchen. Eine Gruppe ist mit einem ganz konkreten Flüchtlingsproblem beschäftigt, so dass wir eine sehr kleine Delegation sind, die zu vio.me fährt.

Vio.Me Foto: Giovanni Lo Curto

Vio.Me
Foto: Giovanni Lo Curto

Vorher machen wir noch einen kleinen Abstecher in die Gesundheitsstation. Ro und Cordula kommen mit und Christiane, die auf eigene Faust aus Göttingen gekommen ist und sich unserer Gruppe anschließt. Sie hat eine Riesentasche mit Medikamenten dabei, die sie in der „Klinik“ abgibt. Sokratis erwartet uns schon, aber auch viele andere alte Bekannte begrüßen uns.

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Zwei Südamerikaner kommen herein Sie sind mit Eva verabredet, um die Arbeit der Klinik kennenzulernen. Pablo kommt aus Kolumbien und Rodrigo aus Chile. Es stellte sich heraus, dass beide aus Kreuzberg kommen und Foto und Filmreportagen auf den Spuren der Flüchtlinge machen.
Die kurzen spannenden Unterhaltungen sprengten bald unser Zeitbudget, so dass Sokratis anbot uns noch in die Stadt zu fahren, wo wir Christina aus dem Café abholten, in der die Gruppe mit Mavrakis diskutierte. Letztlich kamen wir mit (nur) 20 Minuten Verspätung an der Bushaltestelle nahe Vio.Me an. Anthi erwartete uns bereits.
In der Fabrik wurden wir enthusiastisch von Dimitri begrüßt. Es war schon eine Journalistin aus Deutschland da, deren Gespräch mit der Buchhalterin wir leider störten. Dafür bezogen wir sie in unser Gespräch ein, das wir dann auf Deutsch führten. Wir versuchten die Vorgeschichte für sie so knapp wie möglich abzuhandeln. (Dabei blieb für die Neuen vielleicht einiges im Unklaren.)
Mich interessierte vor allem der Stand der juristischen Auseinandersetzung, nachdem die Alteigentümerin einen Titel zur Zwangsversteigerung erstritten hatte. Dimitri schien den juristischen Fragen wenig Bedeutung zu zumessen. „Mal gewinnen wir einen Prozess, mal verlieren wir einen“. Vor kurzem gab es einen kleinen Polizeieinsatz, weil der Konkursverwalter nicht auf das Werksgelände gelassen wurde. Der Konkursverwalter hat noch bis November Zeit um eine Bestandsaufnahme der Waren und der Maschinen und Anlagen zu machen. In den (fingierten) Büchern stehen noch 120 Tausend € Schulden an die Muttergesellschaft Lafarge. Diese sollen jetzt über eine Zwangsversteigerung beigetrieben werden. Lafarge hat vor kurzem seinen letzten Betrieb in Griechenland geschlossen und alle Arbeiter entlassen.

Diskussion bei Vio.Me Foto: Giovanni Lo Curto

Diskussion bei Vio.Me
Foto: Giovanni Lo Curto

„Letztlich haben wir hier unsere Genossenschaft und wir werden hier bleiben.“
Der Verkauf der Seife, die die neue Genossenschaft auf der Basis von natürlichen Rohstoffen wie Olivenöl, ätherischen Ölen aus Pinien und einheimischen Kräutern usw. herstellt, läuft sehr gut. Manchmal kommt die Produktion der Nachfrage gar nicht hinterher. Der manuelle Produktionsprozess ist sehr aufwendig und die Seife braucht zwei Monate zu reifen. Mit den anderen Produkten, Flüssigseife, Reiniger und Waschmittel, ist die Genossenschaft allerdings weniger erfolgreich. Es gibt Qualitätsprobleme, die gelöst werden müssen. Zurzeit sind nur noch 10 Leute in der Produktion beschäftigt. 12 weitere sind noch Mitglied der Genossenschaft. Die Arbeitszeit ist von Montag bis Freitag von 7 bis 15 Uhr. Dazu kommen noch Schichten um das Gelände zu bewachen. Die Arbeiter erhalten 30 € am Tag. Das ist soviel/wenig, wie das Arbeitslosengeld sein würde.
Die Arbeiter von Vio.Me heben immer wieder ihre demokratische Entscheidungsstruktur hervor. Alles wird in Vollversammlungen besprochen und entschieden. Alle ein bis zwei Monate gibt es bei Vio.Me auch Versammlungen von selbstorganisierten Initiativen aus der Region und aus dem ganzen Land. Natürlich geht es dabei um politische Fragen, wie man sich vernetzen kann und gemeinsam Widerstand organisieren gegen die menschenfeindliche neoliberale Politik.
Natürlich hat Syriza versprochen den Kampf von Vio.Me zu unterstützen und hatte es sogar zum Ziel erklärt, dass leer stehende Betriebe von den Arbeiter*innen übernommen werden…Die Erwartungen an die neue Regierung sind jetzt gering.
Apostolos, der Mann von Anthi, kommt dazu und berichtet von seinem Film, einer Langzeit- Dokumentation über den Kampf der Arbeiter*innen von Vio.Me der letzten vier Jahre. Der Film ist fast fertiggestellt und wird auf dem Dok-Filmfestival in Amsterdam im November gezeigt werden.

Reisegruppe und Vio.Me Workers Foto: Giovanni Lo Curto

Reisegruppe und Vio.Me Workers
Foto: Giovanni Lo Curto

Reisegruppe und Vio.Me Workers Foto: Giovanni Lo Curto

Reisegruppe und Vio.Me Workers
Foto: Giovanni Lo Curto

15 Uhr: Feierabend. Apostolos hatte ein kleines Restaurant auf der anderen Straßenseite entdeckt. Es war die Kantine einer kleinen Werft direkt am Meer. Das Essen ist vorzüglich. (Nie hatte ich so leckeren Tintenfisch.) Als Tischgetränk gibt es Tsiparo.
Wir diskutieren angeregt mit Anthi über die Situation in Griechenland und auch über die deutsche Politik. Ulrike wollte noch ein Interview mit den Arbeitern für die „Contraste“, wurde dann aber selbst aufs heftigste interviewt.
Nur die besonnensten von uns schafften es zum verabredeten Treffen der Gruppe um 19 Uhr im Hotel zu sein. Ich gehörte nicht dazu. Der Bus, mit dem ich zurückfuhr, blieb im Stau stecken wegen einer Demo auf der Egnatia. Irgendwann stiegen alle Leute aus und gingen zu Fuß weiter. Ich beschleunigte meine Schritte und holte dann die Demo noch ein. Dort treffe ich einige andere aus unserer Gruppe. Unsere Vollversammlung war wohl doch nur eine Teilversammlung. …

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Foto: Giovanni Lo Curto

….Nachtrag
Warten auf Godot.
Ich blieb im Hotel, weil ich noch auf zwei Leute aus der Athener Gruppe warten wollte. Sie waren in Distomo, hatten aber auch unser Programm in Thessaloniki als Option. Ich wartete an diesem Abend vergeblich, weil das Navigationsgerät, das sie benutzten, die beiden ordentlich in die Irre geführt hat.
Als Nachzügler ging ich noch ins Steki Methadoston. (Treffpunkt /Flüchtlingscafé)
Yannis wollte dort über die aktuelle Situation an der Grenze berichten. Den Vortrag habe ich verpasst. Danach gab es aber Rembetiko, Essen und Trinken mit Hunderten von Leuten: Eine Riesenparty… Und am nächsten Morgen sollten wir pünktlich um halb neun auf der Matte stehen.