Fahrt nach Skouries / Chalkidiki

Fahrt nach Skouries / Chalkidiki am Samstag den 26. September

Am nächsten Morgen war organisatorisch alles ganz schnell geklärt. Die Fahrer holten die Klein-Busse bei der Vermietung am Flughafen ab und beide Gruppen führen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Treffpunkt auf halber Strecke außerhalb der Stadt. Dadurch ersparten wir den Fahrern, sich durch meist dichten Verkehr in der Großstadt zu quälen.

Die ungleichen Gruppengrößen wurde durch den PKW von Anthi ausgeglichen, die mit nach Idomeni fuhr.
Wir hatten es sehr bequem zu fünft im Neunsitzer Bus. Am wolkenverhangenen Himmel konnten wir in der Ferne den kegelförmigen Olymp sehen. Die Götter hatten sich im Nebel verschanzt. R. meisterte die kurvenreiche Strecke souverän, auch als der Regen einsetzte, der immer beständiger und heftiger wurde.
In Anea, einem Ort ganz in der Nähe unseres Ziels, waren Transparente über der Straße gespannt. Wir konnten entziffern, dass „metalurgische Arbeitsplätze“ gefordert werden.

In Megali Panagia waren wir verabredet mit Maria. Heißer Bergtee wärmte uns in der Zwischenzeit. Ihre Berichte und das Wetter passten irgendwie zusammen.

Zwei Faktoren spielten eine Rolle für die depressive Stimmung. Zum einen das Einknicken der Syriza-Regierung, zum andern die Offensive der Bergbauunternehmen und deren Unterstützung durch die Bergarbeitergewerkschaft.

Nicht alle Teile der Bewegung fielen aus allen Wolken, als klar wurde, dass Syriza seine Wahlversprechen nicht einhalten würde. Andere setzten große Hoffnungen in diese politische Vertretung. In Megali Panagia ist ein Syriza-Bürgermeister gewählt worden und Teile der Bewegung engagieren sich jetzt weniger. Sie sagen, wir habe diese gewählt nun solle sie die Probleme lösen.

Auf der anderen Seite haben in erster Linie die Gewerkschaften von Eldorado Gold offensiv für den Tagebau mobilisiert. In Anea waren über der Straße Transparente gespannt. Wir konnten „lesen“, dass „metalurgische Arbeitsplätze“ gefordert werden.

Der Riss geht quer durch die Region und spaltet benachbarte Dörfer. Während Megalia Panagia eindeutig gegen den Goldabbau ist, wird das Dorf Anea als Feinde bezeichnet, „they are enemy“. Allerdings hat diese Feindschaft auch noch andere Wurzeln. So gelten die Einwohner als ND Wähler, während Megali Panagia traditionell links sind. Bereits im Bürgerkrieg und im antifaschistischen Widerstand hatten sie die Partisanen unterstützt.

Die Arbeitsangebote zerstören die soziale Struktur der Dörfer. M. glaubt, dass das Verhalten der Gewerkschaft einmalig in der Welt ist, wie sie die Ziele des Unternehmens verfolgen. Für die mehr als 1000 Beschäftigten des Bergbauunternehmens gibt es drei Gewerkschaften, in der sich jeweils die Techniker, die Bergarbeiter und die Servicekräfte organisieren. Für ihre Kampagnen für den Bergabau werden sie materiell vom Unternehmen ausgestattet.

Skouries ist zuständig für die Wasserversorgung von halb Chalkidiki. Die bewaldete Landschaft gilt nun nicht mehr als Wald, sondern wurde als Industriezone ausgewiesen. Es wurden sogar Gelände von benachbarten Gegenden gepachtet, um den Abraum des Tagebaus zu lagern. Bei Regen werden die zu Tage geförderten und oxidierten Metalle ausgewaschen und verseuchen das Grundwasser.

Die Umweltschäden durch den Abbau von Gold und anderen Metallen sind in Chalkidiki seit langem bekannt. Bereits seit den 30er Jahren gibt es Fabriken in Stratoni, Olymiada und Aristoteles. Dort wurde vor allem Zink und Blei verarbeitet. Die anfallenden Abfälle landeten immer komplett im Meer. Eigentlich müsste die Bevölkerung gut informiert sein, weil die Umweltbewegung alle Gutachten veröffentlicht hat. Aber die Gegenpropaganda wirkt.

Wir fahren auf dem gleichen Weg zur Baustelle wie vergangenes Jahr. An der Einfahrt zur Baustelle halten wir uns allerdings nur kurz auf. Unsere beiden Begleiter_innen wollen lieber nicht erkannt werden von den Arbeitern, die vielleicht ihre Nachbarn sind. Zu oft schon gab es gewalttätige Angriffe auf Umweltschützer.

Wir fahren zu einer anderen Stelle am Bauzaun. Von dem gewaltigen Krater ist heute nicht sehr viel zu sehen. Nebel, Regenschleier und Wolken trüben die Sicht. Wir gehen in der Nähe in ein lichtes Waldstück. Hier hat im vergangenen Sommer ein großes Ferienlager der Umweltschützer stattgefunden. Sie zeigt uns, wo der Küchenbereich war, wo die Spielplätze für die Kinder, wie schön es im Schatten der Bäume war im heißen Sommer. Gerade auch im Regen hat der Ort etwas magisches. Wir verabschieden uns von den Freunden, die uns noch eine Taverne im nahe gelegenen Naturschutzgebiet empfehlen. Die Spende aus Deutschland, die wir ihnen dalassen können, wird sicher dringend gebraucht, angesichts der vielen Prozesse, die noch bevorstehen.
Hans