20. September 2015, Athen
Athen ist wie leergefegt. Die Griechen sind zur Wahl in ihre Geburtsorte gefahren. Es gilt als irrwitzig schwierig sich hier umzumelden. Da es keine polizeiliche Meldepflicht gibt, versuchen es viele gar nicht erst. Es gibt darüber hinaus keine Briefwahl. Wer wählen möchte, muss am Wahltag in den Ort fahren, in dem er registriert ist. Die Wahl zwischen dem „Nai“ – dem griechischen „Ja“ zum Memorandum und einem anderen „Nai“ zum Memorandum, führte zu einer sehr geringen Wahlbeteiligung.
Ein Teil unserer Gruppe beschließt die Wahl in einer benachbarten Athener Hamburg Sankt Pauli Fankneipe zu schauen. Es ist viel Platz, es gibt draußen Bildschirme, die die Wahl übertragen. Es laufen die ersten Prognosen über den Bildschirm, noch liegt Syriza bei etwa 22 Prozent. Ein deutlicher Unterschied zu den etwa 35 Prozent. Sie bekommen deutlich mehr Stimmen, als in den Prognosen angenommen wird, erreichen aber auch nicht die absolute Mehrheit.
Wir gehen Richtung Syntagma, wo sich Syriza feiert. Im Gegensatz zur Wahl im Januar sind es lediglich 200 bis 300 Menschen, die zur Wahlparty gekommen sind. Unter den Gästen sind eine Reihe italienischer Genossen. Sie feiern zu modernen Fassungen der Lieder, wie „bella ciao“ und „bandiera rossa“ von der Band „Modena City Ramblers“. Sie gehören zur europäischen Partei „L’Altra Europa con Tsipras“ – Ein anderes Europa mit Tsipras. Antonis ist Mitglied der Jugend von Syriza, er will nicht lange aufgehalten werden: „Ich will jetzt feiern! Wir werden auf jeden Fall weiter kämpfen, um die Austerität zu stoppen.“
Insgesamt ist die Stimmung an diesem Wahlabend in Athen verhalten. Keine Partei kann viele Gäste anziehen. Auf dem Syntagma Platz, auf dem die Nea Demokratia ihr Zelt aufgebaut hat, entsteht der Eindruck, dass mehr internationale Presse vor Ort ist als Wähler. Bei der PASOK (Panellinio Sosialistiko Kinima) , die 2009 noch selbst die Regierung stellte, sitzen lediglich 5 Leute im Zelt.
Doch auch bei der neu gegründeten linken „Volkseinheit“ (Laiki Enotita) ist die Stimmung verhalten. Sie haben die erforderlichen drei Prozent nicht erreicht, um ins Parlament einzuziehen. Sie geben sich dennoch kämpferisch, da sie lediglich 27 Tage Zeit hatten, um mit ihrer Partei den Wahlkampf zu machen. Sie bleiben beim „Nein“ zum Memorandum.
Ulrike K.